unterwegs-8.jpg
unterwegs-7.jpg

Wie das OLG Hamm mit Beschluss vom 28.10.2014, Az. 15 W 14/14 entschieden hat, kann die zweite Ehefrau ein Testament das während der ersten Ehe zugunsten der Ehefrau errichtet wurde, anfechten.


Zwar wird Testament zugunsten des Ehegatten bei der Scheidung im Zweifel unwirksam. In dem entschiedenen Fall hatten die Eheleute in der ersten Ehe aber ausdrücklich durch einen Nachtrag zum Testament klargestellt, dass das Berliner Testament auch im Falle einer Ehescheidung gelten solle.
Daher wurde das Testament nicht durch die Scheidung unwirksam.
In dem Fall des OLG Hamm hatte der Ehemann zwar das Testament zugunsten der ersten Ehefrau in einem neuen Testament zugunsten der zweiten Ehefrau zu widerrufen versucht, dieser Widerruf war jedoch nicht wirksam gegenüber der ersten Ehefrau erklärt worden, indem ihr die Widerrufserklärung zugestellt worden wäre.

 

Anfechtungsrecht des neuen Ehegatten


Allerdings hat ein neuer Ehegatte ein gesetzliches Anfechtungsrecht, da er als Ehegatte zum Zeitpunkt des Erbfalls pflichtteilsberechtigt ist, der Erblasser von diesem Pflichtteilsrecht bei Errichtung des Testaments keine Kenntnis haben konnte.

In dem Fall des OLG Hamm hatte die letzte Ehefrau das Testament innerhalb eines Jahres nach dem Erbfall angefochten. Die Anfechtungsfrist von 1 Jahr fing nämlich für die letzte Ehefrau erst mit dem Todesfall an, da sie erst dann davon Kenntnis hatte, dass sie als zum Zeitpunkt des Erbfalls Pflichtteilsberechtigte nicht in dem Testament bedacht war.
Eine solche Anfechtung ist nur ausgeschlossen, wenn der Erblasser die Regelung in dem früheren Testament auch getroffen hätte, wenn er die spätere Entwicklung vorhergesehen hätte.

Wer also als Pflichtteilsberechtigter (neuer Ehegatte oder Lebenspartner, Kind aus der zweiten Ehe) in einem früheren Testament nicht berücksichtigt wurde, kann dieses Testament innerhalb eines Jahres nach dem Erbfall anfechten.

 

Anfechtungsrecht des Erblassers

 

Der Erblasser selbst kann übrigens auch ein früheres Testament anfechten, er muss dies jedoch innerhalb eines Jahres tun, nachdem ein neuer Pflichtteilsberechtigter hinzukommt, also ein Jahr nach der Heirat bzw. Verpartnerung oder Geburt eines weiteren Kindes.